Kontext der Organisation

Mit dem Revisionswechsel der ISO 9001:2015 wurde eine völlig neue Anforderung gegenüber der alten Norm formuliert. Organisationen stehen vor der Herausforderung, sich erstmals Gedanken über sich selbst zu machen. Auf Basis dessen, soll der Rahmen für das Qualitätsmanagementsystem entstehen.

Die ISO 9001 enthält Anforderungen die auf jedes Unternehmen angewendet werden können.

Unabhängig von der Größe des Unternehmens, der Art des Unternehmens, der Produkte bzw. Dienstleistungen des Unternehmens. Unternehmen, die sich nach der ISO 9001 zertifizieren lassen wollen, müssen die Anforderungen interpretieren können und eigne Regelungen und Verfahren für Ihr Unternehmen definieren und implementieren. Als Fundament für den Umfang des Qualitätsmanagementsystem dient der Kontext der Organisationen.

Die Norm fordert:

die externen und internen Themen, welche für den Unternehmenszweck und die strategische Ausrichtung relevant sind (Kap. 4.1) die relevanten interessierten Parteien und deren Anforderungen (Kap 4.2) bestimmt werden.

Um interne und externe Themen abzuleiten, ist es erstmal hilfreich, die internen und externen interessierten Parteien zu identifizieren. Das heißt, es ist leichter, zuerst Kapitel 4.2 zu definieren und anschließend Kapitel 4.1 zu bedienen.

Interessierte Parteien

Die Organisation muss ihre internen und externen interessierten Parteien identifizieren. Dazu könnten Parteien gehören wie: Mitarbeiter, Auszubildende, Kunden, Eigentümer, Gesellschafter, Banken, Aktionäre, Vereine, Lieferanten, Wettbewerber, Gemeinden etc. Wie weit Organisationen Ihre Parteien herunterbrechen wollen, obliegt der Organisation. Beispielsweise die Parteien „Kunden“ runterbrechen auf „Märkte, Branchen, Zielgruppen Käufer, Anwender etc.“.

Nachdem Sie ihre interessierten Parteien gelistet habe, sollten Sie nun darüber nachdenken, welche Bedürfnisse diese Parteien an ihre Organisation stellen. Sicherlich können Sie sich vorstellen, dass die Bedürfnisse sogar gegensätzlich sind. Während die Mitarbeiter sich gute Gehälter wünschen, sind Aktionäre am höchsten Gewinn interessiert.

Externe und interne Themen

Nun sollten Sich die internen und externen Themen aus den Erwartungen und Bedürfnissen ihrer interessierten Parteien leichter definieren lassen.

Die Norm empfiehlt als eine Möglichkeit für das Identifizieren von externen Themen, die Auseinandersetzung mit dem gesetzlichen, technischen, wettbewerblichen, marktbezogenen, kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Umfeld.

Beispielsweise:

Gesetzlich

  • Wir halten die Anforderungen der Berufsgenossenschaften ein,
  • Wir beachten das Urheberschutzgesetz und das Bundesdatenschutzgesetz,
  • Wir vertreiben unsere Produkte über das Internet (Fernabsatzgesetz)

Technisch

  • Wir setzen Produktionsmaschinen ein,
  • Wir betreiben ein Firmennetzwerk,
  • Wir beachten den Umweltschutz,

Wettbewerblich

  • Wir sind Anbieter von ….

Marktüblich

  • Unsere…

Kulturell / sozial

  • Wir…

Wirtschaftlich

  • Wir…

Auf Basis des Kontextes erfolgt dann:

  • die Festlegung des Anwendungsbereichs des Qualitätsmanagementsystems (Kap 4.3)
  • die Festlegung des Qualitätsmanagementsystems inkl. seiner Prozesse (Kap. 4.4)

Anwendungsbereich des Qualitätsmanagementsystems

Der Anwendungsbereich ist nicht neu. Diesen finden Sie vielleicht bereits auf Ihrem bestehenden Zertifikates. Trotzdem ist es das Ziel dieser Norm, einmal darüber nachzudenken, ob der bisherige Anwendungsbereich tatsächlich zutreffend und ausreichend ist. Auf Basis Ihrer interessierten Parteien, deren Anforderungen und den daraus abgeleiteten Themen, ergänzt um das Produkt- und Dienstleistungsportfolio wird der Anwendungsbereich definiert.

Interessant wird die Definition Ihres Anwendungsbereichs, wenn Ihnen bewusst wird, dass mögliche Ausschlüsse der Normanforderung identifiziert wurden. Der Ausschluss lässt sich dem externen Auditor gegenüber gut argumentieren, dass Sie bereits eine Analyse in Ihrem Kontext vorgenommen haben.

Qualitätsmanagementsystem und seine Prozesse

In der Vergangenheit gab die Norm vor, welche Prozesse identifiziert und beschrieben sein müssen. Nun möchte die Norm, dass die Organisation selbst entscheidet, welche Prozesse notwendig sind, um ein effektives QM-System zu betreiben.

Aus der Erfahrung muss ich sage, dass es wichtig ist, einmal drüber nachzudenken, welche Prozesse ich einem neuen Mitarbeiter aushändigen müsste, damit dieser in der Lage wäre, in Ihrer Organisation tätig zu werden. Je nach Größe der Organisation, werden die Prozesse fassettenreicher. Als gute Visualisierung des QM-Systems und seiner Prozesse hat sich die Entwicklung und Erstellung einer Prozesslandkarte als hilfreich erwiesen. In dieser Prozesslandkarte werden die relevanten Führungs-, Wertschöpfungs- und Unterstützungsprozesse dargestellt (ggf. auch deren Abfolge und Wechselwirkungen).

Um den Anforderungen aus Kapitel 4.4 der ISO 9001 gerecht zu werden, sollten Sie eine Übersicht erstellen, indem zu jedem Prozess ein Art Prozess-Steckbrief erstellen wird. Hierbei definieren Sie:  die Eingaben und Ergebnisse, die Wechselwirkungen zu anderen Prozessen, die benötigten Ressourcen, die Prozessverantwortung und die möglichen Risiken.

Verbesserungspotential

Innerhalb der ISO 9001 stoßen Sie immer wieder auf das Thema „Risiken und Chancen“. Aus Erfahrung und auch aus Sicht des externen Auditors, finde ich es hilfreich, wenn bereits hinter den interessierten Parteien und deren Bedürfnisse eine Risiken-und Chancen-Analyse durchgeführt wird. Somit können Sie frühzeitig eingreifen, um unerwünschte Situationen zu vermeiden oder erwünschte Situationen zu fördern.